Evangelischer Verein Fellbach e.V.    I     I    I  

Internationaler Tag der Pflege am 12. Mai: Verein dankt Mitarbeitenden

|   Diakoniestation

Hohe Arbeitsverdichtung und Nachwuchssorgen

Den Tag der Pflege am 12. Mai nimmt der Verein zum Anlass, sich bei den Mitarbeitenden seiner Diakoniestation für ihren Einsatz zu bedanken. Vorstand Uwe Grau kritisiert die gesellschaftlichen und beruflichen Rahmenbedingungen im Bereich der Pflege.

Am Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai bedankt sich die Diakonie bei ihren „Alltagshelden“ für ihre wertvolle Arbeit und ihr überdurchschnittliches Engagement. Auch im Evangelischen Verein ist man sich der herausragenden Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst. Ihrer täglichen Bereitschaft und mancher Überzeit ist es zu verdanken, dass eine gute Versorgung von alten und kranken Menschen in Fellbach gewährleistet ist. Dass der Pflegenotstand kein irgendwann eintretender Zustand sondern bereits Realität ist, machte Uwe Grau bei der Mitgliederversammlung des Evangelischen Vereins am Freitag deutlich. Mit Zahlen der Diakoniestation des Vereins belegte der für Pflege und Finanzen zuständige Vorstand, dass der Versorgungsbedarf entsprechend dem landesweiten Trend auch in Fellbach gestiegen ist. Insgesamt hat sich die Anzahl der Haus- und Beratungsbesuche durch Mitarbeitende der Diakoniestation um 14,11 Prozent von 100.161 in 2017 auf 114.290 in 2018 erhöht.

Schmerzliche Maßnahmen notwendig
Da die Zahl der Mitarbeiter aber nicht entsprechend der Zahl der zu versorgenden Klienten gestiegen ist, beschloss der Aufsichtsrat notwendige aber teils schmerzliche Maßnahmen. So ist die Diakoniestation nur noch zu bestimmten Zeiten telefonisch erreichbar, Termine für Gespräche können nicht mehr spontan eingeschoben sondern müssen vorab vereinbart werden und aufgrund des derzeitigen Personalengpasses werden keine neuen Pflegeaufträge mehr angenommen.

In der Pflege herrscht Handlungsbedarf. Die Schlagworte Personalmangel, Aufnahmestopp aber auch die finanzielle Situation im gesamten Pflegesektor, die Reform der Pflegeversicherung und des Pflegeberufs verdeutlichen das. Die mit diesen Begriffen oft einhergehende negative Ausstrahlung wirkt sich auf die Suche nach neuem Personal aus – auch in der Ausbildung: es bewerben sich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung zur Pflegefachkraft. Tatsächlich aber zählen Jobs in der Pflegebranche zu den sichersten Arbeitsplätzen und halten Träger wie der Evangelische Verein ein attraktives Angebot regelmäßiger Fort- und Weiterbildungen bereit. Darüber hinaus betont Uwe Grau den inhaltlichen Wert, den die Arbeit in der ambulanten Pflege hat: „Wir arbeiten direkt für das Wohl des Einzelnen. Die Versorgung in der gewohnten Umgebung steigert die Lebensqualität älterer, kranker Menschen. Unsere Mitarbeitenden unterstützen sie darin, ihr Leben in Würde zu gestalten und größtmögliche Autonomie zu behalten. Unsere Leistungsangebote helfen den Menschen, in der Mitte der Gesellschaft zu bleiben.“

Mitarbeiter arbeiten gerne in der Pflege
„Unsere Mitarbeiter zweifeln nicht am Sinn ihres Jobs“, versichert Grau, ohne die Augen vor der Realität zu verschließen: „Es sind die Rahmenbedingungen, die die Arbeit so erschweren. Wenn wir wollen, dass Pflege ein attraktiver Beruf bleibt, müssen wir uns weiterhin für gute Arbeitsbedingungen einsetzen. Wir brauchen deutlich mehr Pflegekräfte um die Arbeitsverdichtung zu reduzieren. Als ambulanter Dienst bieten wir individuelle Arbeitszeitvereinbarungen an. Doch Privatleben und Pflegeberuf müssen noch besser vereinbar sein und Pflege muss fair bezahlt werden. Zudem ist eine attraktive Ausbildung entscheidend dafür, neue Pflegekräfte zu gewinnen“, betont der Vorstand.

Im Jahr 2017 wurden in Baden-Württemberg laut Statistischem Landesamt 56,9 Prozent aller Pflegebedürftigen ausschließlich von Angehörigen betreut. Aus Sicht der Diakonie setzt sich die Einsicht, dass Pflege nicht durch Angehörige nebenbei bewältigt werden kann und es eine Professionalisierung und Sicherstellung von fachlichen wie finanziellen Strukturen braucht, politisch zu langsam durch. Dabei sollte jedem klar sein, dass eine zukunftsfähige Altenpflege dazu beiträgt, den Produktionsfaktor Arbeit abzusichern. Erwerbstätige, die die Pflege von Angehörigen alleine stemmen müssen, gehen dem Arbeitsmarkt zum Teil oder ganz verloren. Deshalb setzt sich die Diakonie für bessere Rahmenbedingungen wie eine flächendeckende Tarifbindung für die Pflegebranche ein. Wie wichtig eine finanzielle Wertschätzung ist, ist auch dem Evangelischen Verein bewusst. Als diakonischer Träger bezahlt er seine Mitarbeitenden nach Tarif, der auch für den öffentlichen Dienst gilt – längst nicht überall Realität. Hinzu kommt, dass diakonische Träger nicht gewinnorientiert arbeiten, sondern die Erträge direkt in die Verbesserung von Leistungen und in die Gehälter für die Angestellten fließen können.

Hintergrund
Deutschland wird immer älter. 2013 waren etwa 4,4 Millionen Menschen 80 Jahre und älter, 2050 werden es Schätzungen zufolge 10 Millionen sein. Mit dem Alter steigt das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Ende 2017 waren in Deutschland 3,4 Millionen Menschen pflegebedürftig. Nach wie vor werden die meisten pflegebedürftigen Menschen – 2,59 Millionen – zu Hause versorgt. In Deutschland arbeiten etwa 1,15 Millionen Menschen in der Pflege. Der Diakonie angeschlossen sind in 2.755 Pflegeheime und 1.756 ambulanten Pflegedienste und Beratungsstellen mit etwa 153.000 hauptamtlichen Mitarbeitenden.


Foto: Evangelischer Verein Fellbach e.V.

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