Evangelischer Verein Fellbach e.V.    I     I    I  

„Jede fehlende Person ist eine zu viel“

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Vorständin Gaby Schröder spricht in der TV-Sendung „Alpha & Omega – Kirche im Gespräch“ über den Fachkräftemangel im sozialen Bereich, seine Auswirkungen auf die Gesellschaft und Ideen, ihm zu begegnen.

„Was tun gegen den Personalnotstand in Pflege und Erziehung?“ – zu dieser Fragestellung wurde Gaby Schröder, Vorständin des Evangelischen Vereins Fellbach, von Moderatorin Heidrun Lieb interviewt. Hintergrund ist eine aktuelle Erhebung der „Initiative für eine nachhaltige und generationengerechte Pflegereform“ und die daraus hervorgehende Zahl von bis zu 24 000 zusätzlich benötigten Vollzeit-Pflegekräften in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2040.

Gaby Schröder spricht insbesondere darüber, welche Auswirkungen dieser Personalengpass auf die Gesellschaft haben wird und was diesen Entwicklungen entgegengesetzt werden kann.

Notstand auch im Bereich Erziehung
Das Thema ist für die erfahrene Vorständin und den Evangelischen Verein nicht neu: Der Personalnotstand ist nicht nur im Bereich der ambulanten Pflege, sondern auch in den 18 Kindertageseinrichtungen des Fellbacher Trägers bereits Realität.

Im Gespräch mit Heidrun Lieb betont Schröder, dass es egal ist, ob 24.000 oder 50.000 Fachkräfte gewonnen werden müssten: „Jede fehlende Person ist eine zu viel, unabhängig ob im Kita-Bereich oder in der Pflege.“ Bereits jetzt fehlen in Baden-Württemberg ca. 60.000 Kitaplätze. Um diesen Bedarf zu decken, bräuchte es laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung schon aktuell 18.000 Erzieher:innen mehr. Dass es in der Pflege nicht besser aussieht, ist bekannt.

Diese Lücken zu schließen, ist jedoch nicht einfach, zeigt Gaby Schröder auf: „Wir haben die nötige Anzahl an Mitarbeitenden nicht und sind somit auf Zuzug aus dem Ausland angewiesen. Allein dieser Prozess ist oftmals langwierig und für beide Seiten herausfordernd. Hier ergeben sich dann die nächsten Hürden: Wo sollen die Menschen wohnen? Was ist, wenn die Familie nachziehen will? Wir brauchen schnellere, gut organisierte Zuzugsmöglichkeiten und dann auch ausreichend Wohnraum. Zudem müssen wir überlegen, wie wir diese Menschen dabei unterstützen können, hier anzukommen, sich zu integrieren und Anschluss zu finden.“

Auswirkungen auf die Gesellschaft
Gefragt, welche Auswirkungen der Personalengpass auf die Zukunft der Gesellschaft haben wird, erklärt Schröder, dass davon auszugehen ist, dass in der Zukunft nicht mehr ausreichend bezahlte und bezahlbare Dienstleistungen zur Verfügung stehen. Der Personalmangel herrscht zwar in allen Branchen, doch gerade im sozialen Bereich hat er Auswirkungen auf jede und jeden von uns. Ein einfaches Beispiel: Stehen nicht ausreichend Kita-Plätze zur Verfügung, fehlen Mütter oder Väter auf dem Arbeitsmarkt. Ebenso, wenn Angebote in der Pflege – egal ob ambulant oder stationär – nicht mehr im vollen Umfang angeboten werden können.

Um dem zu begegnen, schlägt Schröder ein Gesellschaftsjahr im Rahmen der Schulausbildung vor: Jede:r Schüler:in leistet ein Jahr für die Gesellschaft – egal, ob im sozialen, im ökologischen oder auch im sportlichen Bereich. Jeder Mensch hat vielfältige Fähigkeiten. Im Zuge eines solchen Jahres können die Schüler:innen erfahren, in welchem Bereich ihre Stärken und Interessen liegen.

„In einem solchen Jahr können so viele Kompetenzen erworben werden, die später für die Arbeitswelt wichtig sind – soziale und kommunikative Kompetenzen, Arbeitstugenden und vieles mehr. Die Gesellschaft, aber auch die Unternehmen können davon profitieren. Vor allen Dingen können aber junge Menschen selbst davon profitieren, weil sie sich ausprobieren können“, begeistert sich die Vorständin. In vielen zwischenmenschlichen, gesellschaftlichen Bereichen fehlen Menschen, die sich engagieren und Verantwortung übernehmen. Die Erfahrung aus den bekannten Freiwilligendiensten zeigt, dass insbesondere der soziale Bereich davon profitiert, wenn junge Menschen niederschwellig einen ersten Kontakt mit den Berufen in der Pflege oder Erziehung haben und mögliche Berührungsängste abbauen können.

Fokus Ausbildung: Arbeit an der Basis
Bestenfalls zieht der soziale Bereich seinen Nachwuchs selbst heran. Schröder betont, dass allgemein mehr Ausbildung im sozialen Bereich zu attraktiven Bedingungen nötig ist. Allerdings gehen die Bewerbungszahlen zurück. Auch hier sind die Träger auf Auszubildende aus dem Ausland angewiesen. Den Vorteil, den Schwerpunkt auf die Anwerbung von Auszubildenden zu legen, sieht Gaby Schröder darin, dann schon eine fachliche Grundlage schaffen zu können, die den Anforderungen hier vor Ort gerecht wird. Zudem bietet eine Ausbildung einen geschützten Rahmen, um beispielsweise Sprachbarrieren abzubauen oder ein besseres Ankommen in der Gesellschaft zu ermöglichen.

Die „Sorgende Gesellschaft“
Für Gaby Schröder ist darüber hinaus der Aufbau der sogenannten „Sorgenden Gesellschaft“ ein wichtiges Ziel, um den Anforderungen der Zukunft zu begegnen. „Wenn wir nicht mehr in ausreichender Menge bezahlbare Dienstleistungen zur Verfügung haben, benötigen wir in Kommunen bürgerschaftliche Netzwerke. Wir müssen Strukturen aufbauen, in denen dies gelingen kann. Wann zum Beispiel haben Sie Ihren Nachbarn das letzte Mal gefragt, ob Sie ihm oder ihr etwas mitbringen können, wenn Sie selber gerade zum Einkaufen gehen?“, fragt die Vorständin und betont abschließend: „Gegenseitige Achtsamkeit und gegenseitige Unterstützung wird für uns alle für die Zukunft nötig sein. Deshalb mag ich die Vision des Evangelischen Vereins Fellbach: Nächstenliebe schenkt Zukunft. Genauso wird es sein: Den Nächsten mehr zu achten und zu beachten – dadurch werden wir die Herausforderung der Zukunft besser meistern können.“

Das Interview mit Gaby Schröder gibt es auf folgenden Kanälen zu sehen und zu hören:

Regio TV Stuttgart im Kabel BW

  • Sa, 10.08.2024 15.30 Uhr
  • So, 11.08.2024 15.30 Uhr
  • Sa, 17.08.2024 15.30 Uhr
  • So, 18.08.2024 15.30 Uhr

Bibel TV (bundesweit digital)

  • Fr, 16.08.2024 13.30 Uhr
  • Di, 20.08.2024 14.00 Uhr
  • Mi, 21.08.2024 10.30 Uhr

Regio TV Bodensee

  • Sa, 10.08.2024 15.30 Uhr
  • Sa, 17.08.2024 15.30 Uhr

Regio TV Schwaben (Raum Ulm)

  • Sa, 10.08.2024 15.30 Uhr
  • So, 11.08.2024 15.30 Uhr
  • Sa, 17.08.2024 15.30 Uhr
  • So, 18.08.2024 15.30 Uhr

L-TV (Heilbronn-Franken)

  • So, 11.08.2024 7.30 Uhr, 9.30 Uhr, 13.30 Uhr, 20.30 Uhr, 21.30 Uhr

bw|Future.tv

  • Mo, 12.08.2024 18.00 Uhr
  • Do, 15.08.2024 18.00 Uhr
  • Fr, 16.08.2024 18.00 Uhr
  • Mo, 19.08.2024 18.00 Uhr
  • Do, 22.08.2024 18.00 Uhr

www.kirchenfernsehen.de
Die Sendung ist ab dem 10. August 2024 im Internet zu sehen.

Den Podcast zur Sendung „Alpha & Omega“ gibt es auf allen gängigen Plattformen.

 

Foto: EVF

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