„Was brauchen Sie in Ihrem Arbeitsalltag, damit Sie gerne weiter in der Pflege arbeiten?“, fragte Christina Stumpp MdB die Mitarbeitenden der Diakoniestation des Evangelischen Vereins ganz direkt. Damit eröffnete sie einen ehrlichen und in die Tiefe gehenden Austausch mit Vorständin Gaby Schröder, Abteilungsleiterin Diakoniestation Elke Strohmayer, dem erfahrenen Pfleger Tobias Drechsel und der Auszubildenden Jihad Ouchtout, sowie dem Fellbacher CDU-Vorstandsmitglied Gunnar Härtling.
Von den Erfahrungen langjähriger Arbeit in der Pflege, über die veränderten Einstiegsbedingungen in den Beruf früher und heute, bis zu den Veränderungen hinsichtlich Bürokratie und Zeit für die Klienten, reichte der Bogen. 42 % ihrer Arbeitszeit müssen Pflegekräfte nach eigenen Angaben für Bürokratie einsetzen, schreibt die Diakonie Deutschland zu ihrer aktuellen Kampagne „Auch du brauchst Pflege. Irgendwann.“. Setzt man dies in Verbindung mit Touren, die beim Evangelischen Verein z. B. mit 15 – 22 Klienten gefüllt sind, bei denen jedoch täglich Unvorhergesehenes geschehen kann und Pflegefachkräfte insbesondere im ambulanten Dienst nie sagen können, was sie hinter der Haustüre erwartet, erhält man eine Vorstellung der Rahmenbedingungen, in denen sich die Mitarbeitenden bewegen.
Rahmenbedingungen, Refinanzierung, Bürokratieabbau
Als Antwort auf die Eingangsfrage kristallisierten sich dementsprechend folgende Aspekte heraus, die Vorständin Gaby Schröder nochmal zusammenfasste: „Die Rahmenbedingungen für Mitarbeitende müssen gesundheitlich, zeitlich und monetär gut gestaltet sein. Die Refinanzierung des Pflegesystems, muss gesichert sein. Nicht zuletzt das Stichwort Bürokratie: Wir brauchen dringend klarere und einfachere Wege mit den Krankenkassen, Ärzten, amtlichen Stellen und auch in der Verwaltung der Träger.“
Auch Abteilungsleiterin Elke Strohmayer betonte: „Pflege muss für die Klienten bezahlbar sein. Zudem müssen Ausbildungsberufe wieder einen höheren Stellenwert bekommen. Eine Über-Akademisierung der Pflege beschert uns nicht mehr Mitarbeiter:innen.“ Sie führte zudem aus, dass die Diakoniestation aktuell zu beinahe 100 % Bewerbungen aus dem Ausland erhält. In diesem Zusammenhang fallen viele bürokratische Aufgaben an, die wichtig und erforderlich sind, jedoch vereinfacht und mit besserer Abstimmung sicherlich schneller abgewickelt und für kleine Träger machbarer gestaltet werden könnten. „Wir sind dankbar für das Interesse und die Hürden, die junge Menschen auf sich nehmen, um nach Deutschland zu kommen und sich um die Pflegebedürftigen hier zu kümmern. Wir setzen alles daran, diesen jungen Frauen und Männern das Ankommen zu erleichtern und eine gute Integration zu ermöglichen. Dafür brauchen wir Unterstützung aus der Gesellschaft und von der Politik“, sagte Strohmayer.
Aufgaben für die Gesellschaft
Ebenso wie die Integration der Nachwuchskräfte war auch das Thema Einsamkeit in der Gesellschaft und im Alter ein gemeinsames Herzensthema. Zeigte in der Vergangenheit der Zivildienst vielen Auszubildenden den Weg in Pflegeberufe auf, werden die „sozialen Berufe“ jungen Menschen zwischenzeitlich über das Freiwillige Soziale Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst bekannt. Einig war man sich in der Gesprächsrunde, dass ein verpflichtender Dienst an der Gesellschaft, auch bekannt als „Gesellschaftsjahr für alle“, diese Wirkung verstärken und zu einem breiteren Bewusstsein bei den Menschen führen würde, wie wichtig die Kinderbetreuung und die Versorgung im Alter oder bei eingeschränkter Gesundheit sind. Dies würde nach Ansicht der Runde auch zu verstärktem ehrenamtlichem Engagement vor Ort führen und so alle Generationen wieder mehr in Verbindung bringen.
„Es ist wichtig, dass sich die politischen Vertreter selbst ein Bild der Pflege vor Ort machen. Wir haben uns sehr gefreut, dass Sie, Frau Stumpp, zu uns gekommen sind und so ein offener, persönlicher Austausch möglich war. Kommen Sie gerne wieder vorbei!“, bedankte sich Gaby Schröder zum Abschluss.
Fotos: Gunnar Härtling, EVF